SCHNAITTACH/Mittelfranken
Gründung: I – um 1500 | II – 1834 | III – 1897
Fläche: I – 4800 qm | II – 2040 qm | III – 1920 qm
Dicht am nördlichen Ortsrand von Schnaittach befinden sich die drei Friedhöfe der einstigen Jüdischen Gemeinde Schnaittachs. Der älteste Beth Olam ist ein dreieckiges Areal, das an der einen Seite vom Krankenhausweg und gegenüber von der Straße Am Schlossgarten begrenzt wird. Größtenteils ist der Friedhof mit einer massiven Steinmauer eingefriedet. Die oberen beiden Seiten zur Spitze hin sind mit Maschendrahtzaun und einer dichten Hecke versehen. An der Spitze befindet sich der Eingang, ein kleines Metallgittertor. Die auf der linken und rechten Seite angebrachten Holztürchen werden heute nicht mehr benutzt. Während bis zur Mitte des Guten Ortes keine Mazzewot mehr vorhanden sind, befinden sich im hinteren Teil große, wuchtige Grabsteine, vermutlich aus dem 17. Jahrhundert.
Auf der dem Krankenhausweg gegenüberliegenden Seite liegt der zweite Friedhof der Kehilla. Eingefriedet mit einer Steinmauer, die von einem kleinen Metalltürchen unterbrochen ist. In den Jahren des Naziterrors wurden alle Mazzewot vom Beth Olam geschändet und als Baumaterial verkauft. Heute stehen auf diesem Guten Ort ein im Jahre 1993 errichteter Gedenkstein sowie ein kleines Mahnmal mit Fragmenten geschändeter Mazzewot. Als Ende des 19. Jahrhunderts auch dieser Friedhof belegt war wurde ein weiterer Guter Ort erworben. Auch dieser Friedhof befindet sich am Krankenhausweg, nur wenige Meter von den zwei anderen Friedhöfen entfernt.
An der Straßenseite ist ein kleines Eingangstürchen. Links davon steht das Taharahaus mit einer Wohnung für den Friedhofswächter (der auch heute noch darin wohnt). Geht man diesen Weg weiter – auf der linken Seite ist die Drahteinfriedung des Friedhofs von einem größeren Eingangtor unterbrochen -, kommt man zu den in vier Reihen angelegten Grabfeld mit vielen, leider auch schon zum Teil stark verwitterten Mazzewot. Den Grabreihen gegenüber steht ein großer Gedenkstein mit Namen von Verstorbenen, deren Gräber zerstört wurden.
Juden waren schon Ende des 15. Jahrhunderts in Schnaittach ansässig. Ein Teil der von Nürnberg vertriebenen Juden siedelten sich hier an und bildeten eine kleine jüdische Gemeinde. 1529 besaß die Kehilla eine Synagoge, die 1570 erweitert oder neu gebaut wurde, und einen Friedhof. In den kommenden Jahren siedelten sich auch in der Umgebung Schnaittachs Juden an und es entstand „Medinat Oschpah“ – (…………), eine Art Verwaltungsgemeinschaft der Gemeinde Ottensoos, Schnaittach, Forth (F oder P) und Hüttenbach. Sie erstellten gemeinsame Statuten für innere Angelegenheiten. Die geistige Führung lag bei dem Raw Medinat mit Sitz in Schnaittach.
Unter den ersten Rabbinern waren Itzchak ben Avraham Juda und Raw Matetjahu bar Joel Aschkenasi Katzenellenbogen sel. A.. Auch eine Jeschiwa war zu dieser Zeit in Schnaittach. Auf dem Guten Ort wurden die Verstorbenen aus den Gemeinden der Oschpah bestattet wie auch Verstorbene anderer Kehillot, z.B. aus Fürth (bis 1607). Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-48) litten auch die Schnaittacher Juden schwer. Die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich stetig. 1670 beschwerten sich Stadträte und Kirchenvertreter bei Fürst Ferdinand Maria über die Juden, die angeblich der Stadt wirtschaftlichen Schaden zufügten. Daraufhin entzog ihnen der Fürst den Aufenthalt. Erst 1676 konnten sich Juden wieder in Schnaittach ansiedeln. Auch das Rabbinat Schnaittach gründete sich neu. Viele bekannte Rabbiner amtierten in den folgenden Jahren in Schnaittach, so Raw Model Oettingen (1655-61), der die Statuten für die „Medinat Oschpah“ schrieb, Raw Schimschon Abeles (1661-74), Raw Asher Enslein (1674-93) und Raw Schmuel Eli Isaschar Bärmann sel. A., der ab 1693 in Schnaittach als Rabbiner, als Oberrabbiner des Bezirks Ansbach und ab 1700 bis zu seinem Tode 1708 als Landesrabbiner tätig war.
1715 war die Kehilla erneut einer Vertreibungsgefahr ausgesetzt. Erst als man den amtierenden Fürsten Max Emanuel die hohe Summe von 1000 Florine (Silbermünzen)bezahlte, war die Gefahr vorerst gebannt. Das Eigentumsrecht am Friedhof war bis Anfang des 18. Jahrhunderts zwischen den Gemeinden der Medinat Oschpah umstritten. Deshalb gab es immer wieder Unstimmigkeiten über die Kosten der Erhaltung und eventuelle Vergrößerung des Guten Ortes. 1710 schließlich wurde durch ein Schiedsgericht festgelegt, dass die Gemeinde Schnaittach der Alleinbesitz und das Hausrecht über den Guten Ort erhält.1) In den folgenden Jahren entwickelte sich die Kehilla Schnaittach und zählte Mitte des Jahrhunderts die Zahl von 286 jüdischen Einwohnern im Ort. Einige von ihnen waren während des Siebenjährigen Krieges (1756-63) Verwalter bei Hof und Militärlieferanten. Diese herausragenden Positionen nutzten sie auch, um Fürsprecher für ihre Kehilla zu sein. Unter diesen Männern ist besonders Seligmann Löw, sein Sohn Leib Seligmann und auch Anschel, Sohn des Rabbi Jehuda Halevi, der ab dem Jahre 1770 Landesvorsitzender aller jüdischen Gemeinden wurde. 1757 wurde von den vier Gemeinden beim Friedhof ein Quellbrunnen angelegt.
1762 wurde der Friedhof erweitert und mit einer Mauer umgeben sowie ein Taharahaus erbaut.2) Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Landesrabbinat in Schnaittach aufgelöst und ein Bezirksrabbinat eingerichtet, das bis in die achtziger Jahre des Jahrhunderts existierte. Bereits 1815 war abzusehen, dass der Gute Ort für die Gemeinde bald nicht mehr ausreichte. Trotz großer Bemühungen der Vorstände gelang es der Kehilla erst viele Jahre später, die Genehmigung zur Anlegung eines neuen Beth Olam zu bekommen. Mit dem Kaufvertrag vom 16. Februar 1834 erwarb man den Acker oberhalb der Erlanger Straße zum Zwecke der Verwendung als Begräbnisplatz von den Viehhändlern Johann und Michael Schnelbügel. Auf diesem zweiten Friedhof fand noch im selben Jahr die erste Lewaija statt. 1897 erwarb man den dritten Guten Ort und baute mit einem Teil der Steine des zwischenzeitlich abgetragenen Hauses (vom ersten Friedhof) ein neues Taharahaus.3) Die erste Lewaija auf diesem Guten Ort war von Regina Aischberg sel. A. am 5. April 1897. Zu dieser Zeit hatte die Kehilla Schnaittach schon lange ihren Zenit überschritten. Bereits 1883 wurde auch das Distriktrabbinat aufgelöst und der letzte amtierende Rabbiner Schnaittachs, Raw Moshe Salzer, verließ den Ort. Das Gebäude des Rabbinats wurde weiter als Schule benutzt, in der Alex Gutmann sel. A. die Kinder der Medinat Oschpah von 1910-1938 unterrichtete.
Die Synagoge (erweitert 1735/6, renoviert 1995/6) beherbergt heute das Jüdische Museum Franken. Die letzten Beerdigungen waren von Chaim Strauss sel. A. am 27. 6. 1938 und dem am 16. 1. 1952 in Schnaittach verstorbenen Heinrich Freimann sel. A.. Neben einem Eingangstürchen beim ältesten der drei Friedhöfe ist folgende Inschrift zu lesen:
„Seit dem 14. Jahrhundert israelitischer Friedhof, im Jahre 1950 von der bayerischen Staatsregierung instandgesetzt. Wer fröhlich noch wandelt im goldenen Licht, zoll Ehrfurcht dem Schlummer der Toten“.
1-3 Birgit Kroder-Gumann: „Häuser der Ewigkeit“ – die jüd. Friedhöfe in Schnaittach. In: Fundgrube. Beilage der Pegnitz-Zeitung.
4 B. Purin: Jüdisches Schnaittach, Einladung zu einem Rundgang