PRETZFELD/Oberfranken

Gründung: 1632 – Fläche: 7360 qm

Der Gute Ort der einstigen Kehilla Pretzfeld liegt ca. 2 km nordöstlich der Ortschaft in einem Waldgebiet auf dem Judenberg. Ein Weg durch den Kellerwald (so bezeichnet, da links und rechts gesäumt von Weinkellern) führt zu dem mit einem schmiedeeisernen Tor verschlossenen und einer Kalksteinmauer umgebenen Friedhof. Auf dem ca. 180 x 40 Meter langgezogenen Areal stehen noch ca. 200 Mazzewot, zum Teil noch erhalten, in der Mehrzahl jedoch nur noch Steinfragmente. Der älteste bekannte Grabstein datiert von 1732, während der jüngste aus dem Jahre 1894, der von Wolf Heller sel.A., war.

Aufzeichnungen aus dem 14. Jahrhundert erwähnen bereits Juden in Pretzfeld. Nach einer Aufzeichnung aus dem Jahre 1593 war es den Juden in Pretzfeld verboten, ihre Waren im Kirchhof anzubieten, und im Jahre 1719 war ihnen jede Art von Handel, außer Viehhandel, verboten. Nach dem Lehensbuch der Gutsherrschaft von Wolkenstein kauften Juden einen Begräbnisplatz im Jahr 1668 von der Familie Stiebar. Johann Adam Stiebar war damals Inhaber der Rittergüter Pretzfeld und Wolkenstein.1) So viel man weiß, bekam im Jahre 1694 ein Pretzfelder Jude einen Schutzbrief.

1763 waren 27 jüdische Familien im Ort. Kurze Zeit später wurde ihnen der Schutzbrief entzogen und so reduzierte sich bis zum Jahre 1771 die Anzahl bis auf sieben Familien. Auf dem Guten Ort wurden Anfang des 18. Jahrhunderts Juden aus den Kehillot Oberehrenbach, Hausen, Gaiganz, Hirschaid, Sendelbach, Wiesenthau, Pinzberg und Mittelehrenbach beerdigt. Im 19. Jahrhundert besaß die Kehilla neben dem Beth Olam eine im 17. Jahrhundert erbaute Synagoge, eine Schule und Mikwe. Das Schulhaus wurde 1833 wie folgt beschrieben: „Das Lehrzimmer besteht in einer Stube, welche 18 Schuh in der Länge, 15 Schuh in der Breite und 8 Schuh in der Höhe hat. Dieselbe ist ziemlich trocken. Die Lehrerwohnung umfasst eine Wohnstube und hat zwei Fenster, eine Stubenkammer liegt – wie die Wohnstube – gegen Mittag, eine Küche, eine Holzkammer, einen Hausplatz nebst einem Stiegenplatz.“ Ferner standen dem Lehrer noch eine Kammer und die ganze Bodenkammer zur Verfügung.2) Ein bekannter Sohn der Pretzfelder Kehilla war Raw Meir Heller Pretzfelder sel.A., der als Landesrabbiner in Schnaittach fungierte. Die Mitbesitzerin des Schlosses Pretzfeld, Lina Herz geb. Kohn, stiftete im Gedenken an ihren früh verstorbenen Mann, den Rechtsanwalt Dr. Heinrich Herz aus Mannheim, neben Kapital für die Stiftung auch ein Wohnhaus mit Garten, um darin eine Kleinkinderbewahrungsanstalt und eine Winterschule für Mädchen einzurichten.3) Als 1894 der letzte Pretzfelder Jude starb, verkaufte seine Witwe, den jüdischen Besitz und zog mit ihren Töchtern nach Fürth.4) Der Gute Ort wurde vor Schändungen nicht verschont.

So wurden 1928 zwanzig Mazzewot umgeworfen und das Eingangstor beschädigt. Die durch den Treuhänder im Jahre 1945 zu Bauzwecken verkauften Grabsteine konnten nur teilweise ausfindig und auf dem Guten Ort zurückgebracht werden. Zuletzt wurde der Beth Olam 1994 geschändet. Mit schwarzem Werkstofflack wurden Gräber mit Nazisymbolen besprüht.

1+4) Reste jüdischer Kultur im Lkr. Forchheim Hrsg. AG von Lehrkräften in Verb. Mit dem staatl. Schulamt
2+3) Landjudentum in Oberfranken 1. Band Hrsg. Von Klaus Guth

Geschändeter Grabstein auf dem Friedhof Pretzfeld (1949)