MEMMINGEN/Schwaben

Gründung: 1875 – Fläche: 870 qm

Der mit einer massiven, hohen Backsteinmauer umgebene Gute Ort befindet sich im Osten der Stadt, direkt an der Straße. „Am Judenfriedhof“ und dem Pestalozziweg. Eine eiserne Eingangstür an der Nordostecke und ein zweiflügeliges Eisentor, mittig an der Nordseite angebracht, führen auf den Friedhof. Gepflegte Wege führen zu den vier Grabfeldern mit den 134 Mazzewot, wobei das Feld hinterhalb des Eingangs kaum belegt scheint. Direkt an der östlichen Einfriedungsmauer ist ein Denkmal in Form einer großen steinernen Bank für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges. Darauf ist die Widmung: DEM EHRENDEN ANDENKEN UNSERER HELDEN 1914-1918.

Juden sind in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Memmingen erwähnt. Laut einer Urkunde aus dem Jahre 1344 wandte sich ein Jude aus Memmingen an den Bischof in Augsburg mit der Bitte, bei der Eintreibung von Schulden behilflich zu sein. Zu dieser Zeit war in Memmingen eine jüdische Gemeinde, die sich in einem Viertel konzentrierte und auch einen eigenen Friedhof hatte. Zerstört wurde die Kehilla während der Pestzeit. Im November 1348 richteten die Einwohner Memmingens ein Massaker unter den Juden an. Sie raubten deren Häuser aus und verbrannten die Menschen bei lebendigem Leib. 1373 erteilte Kaiser Karl IV. der Stadt das Privileg, Schutzbriefe an Juden für die Zeit von sechs Jahren auszugeben. Dies bedeutete für die Stadt neue Steuereinnahmen. In den Jahren 1385 und 1390 wurden vom König Wenzel Schulden an die Juden für ungültig erklärt. Die Mitglieder der Kehilla verarmten zusehends und verließen in der Folgezeit die Stadt. Ende des 15. Jahrhunderts waren keine Juden mehr in Memmingen. 1541 erhielten die Memminger von Kaiser Karl V. das Recht, die Stadt von Juden freizuhalten, die sog. „Judenfreiheit“. Der wirtschaftliche Nachteil der Stadt war so groß, dass die Memminger 1551 einzelne Juden an Markttagen in die Stadt ließen, um Handel zu treiben und Geld zu verleihen. 1569 wurde das Siedlungsverbot für Juden erneuert und 1574 kam der Befehl, jeden Juden ins Gefängnis zu sperren, der sich in der Stadt blicken lässt. Viele Juden aus Memmingen lebten in dem einige Kilometer entfernten Fellheim. Je nach Gutdünken der Stadtoberen konnten sie zu den Märkten in Memmingen kommen. Hierfür mussten die Juden ein „Einlassgeld“, einen Zoll pro Kopf und einen Wachmann (den sog. „Judenführer“) bezahlen.

Um 1747 wurde für die Juden eine neue Steuer erfunden, der „Leibzoll“, und ab 1756 musste der Zoll pro Stunde Aufenthalt in der Stadt entrichtet werden. Ab 1802 wurden die Einschränkungen storniert, jedoch hatten die Juden bis 1862 keine permanente Aufenthaltsgenehmigung in der Stadt. Eine neue Kehilla gründete sich erst 1875. Im gleichen Jahr öffnete man eine Mikwe und erwarb Boden für einen eigenen Friedhof. 1909 betete man in der neuen Synagoge. Betreut wurde die Gemeinde vom Bezirksrabbinat Ichenhausen. Viele soziale und kulturelle Aktivitäten wurden innerhalb der Kehilla durchgeführt. Neben der Chewra Kaddischa für Frauen (1875) und Männern (1911) gab es eine Ortsfiliale der Jüdischen Literaturvereinigung, des jüdischen Jugendvereins und des Nationalfonds KKL. Eine Hilfskasse für jüdische Durchreisende wurde angelegt und Stiftungen unterstützten die Armen, zahlten bedürftigen Kindern das Schulgeld und förderten die Lehrerausbildung. Der Gemeinde waren die Juden der drei Orte Bad Wörishofen, Fellheim und Mindelheim angeschlossen. Die antisemitischen Ausschreitungen begannen in Memmingen schon in den frühen zwanziger Jahren. An der Stelle der zerstörten Synagoge steht ein Gedenkstein mit folgenden Text: „AN DIESER STELLE WURDE 1909 DIE SYNAGOGE FÜR UNSERE MITBÜRGER JÜDISCHEN GLAUBENS ERRICHTET. IM JAHRE 1938 FIEL SIE DER GEWALTHERRSCHAFT ZUM OPFER. Dem Gedenken und zur Mahnung diene dies. NICHT DURCH MACHT UND NICHT DURCH STÄRKE, SONDERN DURCH MEINEN GEIST SPRICHT DER HERR.“