HARBURG/Schwaben
Gründung: 1675 – Fläche: 4390 qm
Westlich vom Schloß Harburg, in der Nähe der Straße nach Schaffhausen, liegt der Friedhof am Waldesrand, umgeben von Äckern. Rundum geschützt von einer Bruchsteinmauer befinden sich auf dem Guten Ort ca. 230 Gräber mit Mazzewot, doch muss davon ausgegangen werden, dass es eine große Anzahl mehr Gräber sind, deren Grabsteine entwendet und geschändet wurden. Einige solcher Steine wurden als Treppenaufgang zum Schloß verwendet; wieder zurückgeholt stehen sie jedoch nicht mehr am ursprünglichen Standort. Ein Eingang zum Friedhof führt durch das in der Südwest-Ecke stehende große Taharahaus. Einen weiteren Zugang bildet ein zweiflügeliges Eisengittertor an der Südseite. Die Grabsteine bestehen in der Hauptsache aus Sand- oder Kalkstein und weisen mittlerweile erhebliche Verwitterungen auf. So sind bei einigen Steinen ganze Teile abgebröckelt, bei anderen steht nur noch der Sockel und zeugt von einem einst stolzen Monument.
Schon Mitte des 14. Jahrhunderts waren Juden in Harburg ansässig. Es war die schreckliche Zeit des „Schwarzen Todes“. Für die Juden war diese Zeit von Verfolgungen geprägt, da man sie auserkoren hat, an der Pest schuldig zu sein, indem sie das Wasser in den Brunnen und Quellen vergiftet hätten. Danach sind drei Jahrhunderte vergangen, ehe erneut eine jüdische Gemeinde in Harburg gegründet wurde.
Es waren fünf Ausgewiesene aus dem Herzogtum Pfalz-Neuburg, denen im Jahre 1671 die Niederlassung in Harburg erlaubt wurde. Diese Erlaubnis war natürlich kein Akt der Judenfreundlichkeit. Bei den Grafen spielten auch handfeste Interessen eine Rolle: Die Juden waren mit ihren Schutzgeldern und anderen Abgaben eine gute Einnahmequelle. Der Vermögendste unter den ersten Juden, die nach Harburg kamen, war Moyses Weil, der vermutlich aus Höchstädt an der Donau kam. Er erwarb ein Haus am Marktplatz und ließ darin ein Zimmer als Synagoge einrichten.
Der Oettingsche Landesherr versprach der Gemeinde in seinem Schutzbrief vom 10. März 1671, einen halben Morgen Ackerland „unten am großen Hühnerberg gelegen“ als Begräbnisplatz zu verkaufen, was auch geschah. 1745 war der Friedhof, der damals von den Gemeinden Harburg, Mönchsdeggingen und Ederheim benutzt wurde, mit einer Mauer eingefriedet und 1833 um einen halben Morgen erweitert worden.1) 1719 richtete die Gemeinde eine Herberge für Durchreisende ein, 1754 entstand eine neue Synagoge (Gebäude steht heute noch und ist in Privatbesitz).
Harburg gehörte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts der Rabbanut Oettingen, danach der Rabbanut Wallerstein an. Bis zum Jahre 1791 war Rabbi Hirsch Binyamin Hakohen (Kuhn) in der Gemeinde tätig. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebten in Harburg ca. dreihundert Juden.2) Zu dieser Zeit unterhielt die Gemeinde eine Volksschule mit vierzig Schülern. Von 1840 bis 1865 amtierte in den Gemeinden Harburg und Deggingen der Rabbiner Chaim Elkan Selz. 1907 und 1914 wurde der Friedhof gründlich überholt. Die letzte Bestattung war im Jahre 1936. Im April 1937 wurden auf dem Friedhof Grabsteine umgeworfen und zerschlagen.
1+2) Dr. V.v.Volckamer, Kalender d. Fürstl. Brauhs. Wallerstein